Die Adoleszenz
Die Adoleszenz ist eine Zeit grosser Veränderungen, die sie zu einer besonders sensiblen Phase für die psychische Gesundheit macht. Sie ist geprägt von enormer Kreativität, Anpassungsfähigkeit und Potenzialen, aber auch von Durchlässigkeit, Verletzlichkeit und Risikobereitschaft.
Das Referenzheft «Die psychische Gesundheit von Jugendlichen in der Schule und im sozialen Umfeld fördern«, das in enger Zusammenarbeit mit Santépsy.ch entwickelt wurde, ist ein wertvolles Hilfsmittel zu diesem Thema. Das Heft für 16-25 ist ebenfalls eine interessante Ressource, um die Funktionsweise junger Erwachsener besser zu verstehen (Links setzen).

Eine entscheidende Lebensphase
In unseren westlichen Gesellschaften wird die Adoleszenz als ein Prozess tiefgreifender Veränderungen und biopsychosozialer Entwicklungen angesehen, der mit dem Eintritt in die Pubertät beginnt und endet, wenn die soziale und materielle Unabhängigkeit von den Eltern erreicht ist.
Die Adoleszenz ist eine entscheidende Lebensphase, die durch die Plastizität des Gehirns und eine hohe Anpassungsfähigkeit geprägt ist. Diese Eigenschaften machen sie zu einer Zeit mit grossem Potenzial (dem Alter der Möglichkeiten), aber auch mit einer erhöhten Durchlässigkeit, Verletzlichkeit und Risikobereitschaft.
Schliesslich ist die Adoleszenz eine einzigartige Schlüsselphase für den Aufbau der persönlichen und sozialen Identität. Sie spielt sich ab in der Suche nach einem Gleichgewicht zwischen dem, „wer ich innerlich bin und was mich einzigartig macht“, und der Frage, „wie ich von anderen wahrgenommen werde“. In dieser Phase kommt es zu Spannungen zwischen dem Prozess der Individualisierung (herausfinden, wer ich bin und mich selbst kennenlernen) und dem Sozialisierungsprozess (meine Einzigartigkeit vor anderen und in der Gesellschaft auszudrücken, unter Berücksichtigung der gemeinsamen Regeln).
Die Adoleszenz ist geprägt von körperlichen Veränderungen und psychosozialen Herausforderungen:
Die grossen Veränderungen des Körpers in der Adoleszenz wirken sich auf die gesamte psychosoziale Entwicklung aus. Die Pubertät beeinflusst insbesondere die Qualität des Selbstbildes, das Wohlbefinden und führt zu Unsicherheiten und Fragen. Die Jugendlichen haben Schwierigkeiten, sich in ihrem sich verändernden Körper wiederzuerkennen, und verstehen nicht immer, was vor sich geht.
Der Reifungsprozess des Gehirns, der in der Pubertät stattfindet, wirkt sich ebenfalls sowohl auf das Verhalten der Jugendlichen als auch auf ihre Lernfähigkeit und ihr Sozialleben aus.
Wie die Kindheit und die Erwachsenenphase ist auch die Adoleszenz eine Zeit mit eigenen Merkmalen; die Motivation und der Reiz des Neuen, gepaart mit einer unreifen Emotionsregulation, einem Mangel an Erfahrung und einer gewissen Abhängigkeit von Erwachsenen machen die Adoleszenz zu einer eigenständigen Zeit, die sorgfältig begleitet werden muss.
Zusammengefasst lässt sich sagen, dass die Adoleszenz besonders durch das Zusammenspiel von grossen Potenzialen und Verletzlichkeiten geprägt ist:
- Enorme Lernfähigkeit und Motivation, aber … vor allem für das, was sie interessiert.
- Neugier, Entdeckungsdrang und das Bedürfnis nach Herausforderungen.
- Streben nach Innovation und Originalität.
- Intensive Emotionen und Stimmungsschwankungen.
- Hohe Empfindlichkeit gegenüber Stress
- Impulsivität und Risikobereitschaft
- Anfälligkeit für Angststörungen, Depressionen oder Stimmungsschwankungen

Jugendliche in dieser entscheidenden Phase durch seine Haltung begleiten…
Im Jugendalter ist die Distanzierung von den Eltern zur Entwicklung der eigenen Autonomie sehr präsent. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Jugendlichen keine Erwachsenen mehr um sich herum brauchen. Ganz im Gegenteil! Es ist eine Zeit, die von dem Bedürfnis geprägt ist, andere vertrauenswürdige Erwachsene zu treffen, die als positive Orientierungspunkte wahrgenommen werden können.In diesem Zusammenhang ist die Präsenz und Haltung der Erwachsenen, die mit den Jugendlichen in ihrem Lebens- und Lernumfeld zusammen sind, entscheidend. Lehrpersonen, die viel Zeit mit den Schülerinnen und Schülern verbringen, können eine wichtige Rolle für die Jugendlichen spielen.
Die Haltung der Lehrkräfte ist einer der Schlüsselfaktoren für die Förderung der psychischen Gesundheit von Teenagern, da sie eine grundlegende Rolle dabei spielt, wie sich die Schülerinnen und Schüler in der Klasse fühlen. Sie beeinflusst nicht nur die Lernbedingungen, sondern auch die Qualität der Beziehungen und des Zusammenlebens. Sie ist auch ein wichtiger Hebel für Ansätze, die auf psychosozialen Kompetenzen basieren, die im Zentrum der Schutzfaktoren für die psychische Gesundheit von Jugendlichen stehen.
#SOBINICH bietet Wege zur Entwicklung der Handlungsfähigkeit von Lehrkräften und Fortbildungen, die es ermöglichen, darüber nachzudenken und Wege für den Alltag in der Klasse zu entwickeln.
…durch die Stärkung der Lebenskompetenzen.
Es ist auch möglich, die Jugendlichen in dieser Phase zu begleiten, indem man gezielt an ihren Lebenskompetenzen arbeitet. Lebenskompetenzen ermöglichen es den Jugendlichen, die Herausforderungen des Alltags zu meistern und sich auf die Anforderungen der sozialen und beruflichen Welt vorzubereiten. Sie sind bereichsübergreifend und betreffen sowohl die Beziehung zu sich selbst als auch zu anderen und zur Umwelt.
Die Lebenskompetenzen junger Menschen sind handlungsorientiert. Sie werden durch Beobachtung, Nachahmung und Experimentieren erlernt und sind eng mit den Lebenskompetenzen der Erwachsenen verknüpft. Um ihre Entwicklung zu unterstützen, müssen wir auf unsere Haltung und die Aktivitäten, die wir anbieten, achten. Zudem sollte jeder die Möglichkeit haben, diese Kompetenzen zu trainieren und weiterzuentwickeln, da nicht alle die gleichen Fähigkeiten mitbringen.
Selbstbewusstsein, Offenheit, Sicherheit, Qualität der Beziehung, Authentizität, Kohärenz, Anerkennung und Beteiligung: Diese Eigenschaften bilden die Grundlage einer professionellen Haltung, die die psychische Gesundheit und die Entwicklung der Lebenskompetenzen von Jugendlichen unterstützt.
#SOBINICH bietet verschiedene Werkzeuge, die Wege und Ressourcen aufzeigen, wie man in der Schule an den Lebenskompetenzen arbeiten und die Handlungskompetenz im Unterricht aktivieren kann, um die psychische Gesundheit von Jugendlichen zu fördern.